Wie findest du den richtigen Preis für deine freiberufliche Dienstleistung?

Ermittlung des richtigen Preis für eine Dienstleistung

Ein Punkt, an dem selbst erfahrene Freiberufler immer wieder straucheln, ist den richtigen Preis zu ermitteln. Ich habe dazu schon unzählige Gespräch geführt und kenne das auch aus meiner eigenen Erfahrung.

Ist der Preis zu hoch, habe ich das Problem, meine Dienstleistung überhaupt zu verkaufen. Ist der Preis zu niedrig, verschenke ich Geld und kann in den Augen des Kunden als billig erscheinen.

Was der richtige Preis ist, hängt aber oft stark vom Markt ab. Es kann sein, dass ein Preis für eine Dienstleistung in der einen Nische als extrem überteuert gilt, in einer anderen aber als unseriös, weil es zu günstig erscheint.

Ich habe mir über die Zeit zwei Herangehensweisen erarbeitet, mit denen ich in der Lage bin, den richtigen Preis für eine Dienstleistung zu ermitteln.

Der wertbasierte Preis

Zunächst möchte ich mit einem Mythos aufräumen.

Die meisten Menschen setzen den Wert und den Preis gleich. Das ist aber falsch!

Der Wert einer Dienstleistung und der Preis einer Dienstleistung sind zwei unabhängige Dinge.

So kann bei einem Überangebot der Preis deutlich sinken, während der Wert gleich bleibt. Bei einer hohen Nachfrage kann der Preis für die Dienstleistung deutlich über dem Wert liegen.

Preis ist, was die Kunden zahlen. Wert ist, was die Kunde erhalten.

Der legendäre Investor Warren Buffett hat es ähnlich beschrieben: „Der Wert eines Produkts, einer Dienstleistung oder – für mich als Investor interessant – Unternehmens ist nicht das Gleiche wie der Preis für den Kauf“.

Das Wesentliche an Mr. Buffetts Ratschlag ist: Den Preis bezahle ich, den Wert erhalte ich.

Wenn ich ein Buch kaufe, zahle ich dafür einen Preis, zum Beispiel 20 €. Aber der Wert, den ich mit diesem Buch erhalte, kann von absolut nichts (wenn ich es nicht mag) bis hin zu einem lebensverändernden Moment (wenn das Buch mich eine wichtige Lektion lehrt) reichen.

Dasselbe Prinzip gilt auch für den Wert deiner Dienstleistung. Der Preis spiegelt häufig nur den Wert wieder, den der Markt für die Dienstleistung für richtig hält.

Es könnte jedoch sein, dass ihr tatsächlicher Wert viel höher liegt, als die Kunden glauben oder wissen.

Genau in diese Falle stolpern wir, wenn wir Zeit gegen Geld tauschen.

Dann ist der Wert der Dienstleistung in der Regel nicht bekannt und der Preis (aka Stundensatz) wird durch verschiedene Informationen im Markt definiert.

Um aus dieser Falle auszusteigen, ist es wichtig, den Wert der Dienstleistung zu kennen und dem Kunden darstellen zu können.

Auf dieser Basis können wir dann auch den Preis für die Dienstleistung mit dem Kunden verhandeln.

Ich habe 2012 das erste Mal mit einem wertbasierten Preis für meine Dienstleistung gearbeitet.

Ich war es einfach leid, auf Stundensatzbasis zu arbeiten. Ein Jahr später habe ich Gebhard Bock kennengelernt. Er hat zu dem Thema ein wunderbares Buch geschrieben: „Dein Preis: Wie Du ein Angebot erstellst, das Deinem Wert entspricht“

Im Folgenden beschreibe ich mein pragmatisches Vorgehen, das ich seit 2011 nutze. Für die Vertiefung empfehle ich das Buch von Gebhard Bock. Es beschreibt ein ähnliches Vorgehen und gibt wunderbare Tipps und detaillierte Hinweise.

Den wahren Wert deiner Dienstleistung ermitteln

Als ersten Schritt versuche ich den Wertbeitrag meiner Dienstleistung zu ermitteln. Dabei unterscheide ich bei Unternehmenskunden zwischen zwei verschiedenen Ansätzen, denn es gibt zwei Bereiche:

Das Profit Center und das Cost Center.

Profit Center: Hier erhalte ich mehr Umsatz, wenn ich Geld investiere, typischerweise Marketing und Sales.

Cost Center: Hier spare ich Kosten, wenn ich Geld investiere, typischerweise Verwaltung, Produktion, Engineering, Qualitätsmanage-ment und so weiter.

Aber auch im Privaten haben wir ein ähnliches Schema: Wenn ich Geld investiere, erhalte ich später mehr Geld (oder Zeit). Oder ich investiere und spare damit langfristig Geld (oder Zeit).

Gerade beim Freiberuflern ist das ein wesentlicher Punkt: Durch unsere Dienstleistung erhält der Kunde ein Ergebnis, das sich sehr oft in mehr Zeit (oder Geld) abbildet. Dann musst du nur noch einen Weg finden, das mit einem Wertbeitrag zu hinterlegen.

Den richtigen Preis für deine Dienstleistung ermitteln

Der Preis ist das, was der Kunde für den erhaltenen Wert bezahlt. Dazu nutze ich zwei einfache Regeln:

  1. Die 80/20-Regel: Der Kunde liefert 80% des Wertes durch seinen Input, ich liefere 20% des Wertes durch meinen.
    Diesen Ansatz nutze ich, wenn ich einen Productized Service baue, bei dem ich mit meiner Dienstleistung als Methodiker unterwegs bin. Das klassische Beispiel ist mein Productized Service „In 2 Wochen zum freigegebenen Lastenheft“. Der Kunde liefert den Inhalt und ich bin der Methodiker, der daraus ein professionelles Lastenheft erstellt.
  2. Die 50/50-Regel: Der Kunde liefert 50% des Wertes durch seine Tätigkeit, ich liefere 50% des Wertes durch meinen Input. Diesen Ansatz nutze ich, wenn ich im Mentoring unterwegs bin. Ich gebe dem Kunden aus meiner Erfahrung den Input und er geht den Weg. Ohne meinen Input könnte er dies nicht oder würde alle möglichen Sackgassen ausprobieren – was am Ende für ihn ziemlich teuer würde, sowohl in Form von Zeit als auch Geld.

Praxisbeispiel für den richtigen Preis

Um es konkreter zu machen, zeige ich meine Preisermittlung an meine Productized Service „In 2 Wochen zum freigegebenen Lastenheft“:

Der Kunde hat ein Projekt mit einem Budget von 5 Mio. € geplant.

Zum guten Handwerk im Projektmanagement gehört das Risikomanagement, also nehmen wir an, er hat seine Hausaufgaben gemacht: Sein Risiko zu scheitern liegt bei 33% des Projektbudgets, also 1,5 Mio. €.

Theoretisch müsste er diesen Betrag zur Seite legen, um die „Feuerwehr“ zu bezahlen, falls es in seinem Projekt brennt – oder er reduziert sein Risiko durch proaktive Maß-nahmen.

Vereinfacht könnte er ein super Team aufstellen, einen exzellenten Projektleiter einsetzen – oder ein Lastenheft erstellen. Entsprechend teile ich das Risikobudget durch drei.

Somit hat das Lastenheft einen Wert von 500.000 €.

Wenn ich jetzt die 80/20-Regel ansetze, ist der Wertbeitrag des Kunden (er liefert den Inhalt) 500.000 € * 0,8 = 400.000 € und mein Wertbeitrag 500.000€ * 0,2 = 100.000 €.

Oftmals gibt es aber mehrere Versionen des Lastenheftes zu den Meilensteinen eines Projektes. Darum teile ich den Betrag im Verhältnis auf die Meilensteine auf.

Ich habe diese Vorgehensweise mittlerweile oft bei meiner Zielgruppe (KMU) angewendet und erhalte immer wieder ähnliche Ergebnisse.

Aus diesem Grund bin ich später dazu übergegangen, einen festen Betrag für die Erstellung eines Lastenheftes auf dem Standard-Track und dem Fast-Track anzubieten. Der Unterschied ist nur, wie dringend der Kunde das Lastenheft benötigt. Sie spiegeln heute den gefühlten Wert für den Kunden, Diskussionen über den Preis habe ich aktuell kaum mehr.

Nicht vergessen beim richtigen Preis

Unabhängig deines Ansatzes musst du immer versuchen, den Wert der Dienstleistung in einen Betrag zu übertragen.

Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das nicht einfach ist, denn wir sind oftmals in der eigenen Sicht gefangen.

Darum empfehle ich, hier immer die Meinung erfahrender Freiberufler und Unternehmer einzuholen, aber nicht des Kunden oder der Familie.

Warum?

Das ist ganz einfach: Sie verstehen dein freiberufliches Unternehmen nicht, vor allem wenn sie angestellt sind und kein Mindset als Unternehmer haben.

Ihnen fällt es oftmals schwer, Feedback zu Wert und Preis zu geben.

Aber auch das Feedback eines Unternehmers aus dem klassischen Umfeld kann mir als Freiberufler mit einem Productized Service unter Umständen nur bedingt helfen, denn er kennt die Skalierungsmöglichkeiten der Digitalisierung oft nicht.

Wenn es keine andere Möglichkeit gibt, hilft eine einfache Regel:

Verdopple, was du als Preis ermittelst hast, denn in den meisten Fällen liegt der Wert deutlich über dem, was du als Preis anbieten willst.

Ich habe diesen Ansatz schon ein paar Mal angewendet, wenn ich kein hilfreiches Feedback erhalten habe. Meine Erfahrung war immer positiv, auch wenn ich das Gefühl hatte, dass die Summe zu hoch ist. Die richtigen Kunden erkennen den Wert und kaufen für den Preis – und die anderen Kunden will ich nicht haben …